Angeregt durch unseren ersten Besuch im Biokovo 2019 entschließen wir uns die Gegend ein zweites Mal 2021 zu besuchen. Wir sind wieder im Oktober dort, da dann das Wetter und vor allem die gemäßigten Temperaturen an den meist sonnigen Wänden ein angenehmes Klettern erlauben. Wie verabredet sind unsere Freunde die „Nixtuer“ (Anita und Rüdiger) aus Graz und Lisa und Harald aus Vösendorf auch zu dieser Zeit vor Ort. Die Nixtuer haben in den letzten Jahren einige tolle Touren hier im Biokovo erschlossen. Dazu hat Rüdiger mit Peter zusammen einige der Top Touren im Biokovo erschlossen. Da die Nixtuer mit ihrem Allrad anreisen haben wir wieder die Möglichkeit, zu den höheren Klettergebieten auf der Ladefläche des Allrads der Nixtuer zu gelangen. Ein Blick in die kroatische Homepage der lokalen Kletterer und in Gesprächen mit den Nixtuern wird uns auch schnell klar, dass es auch wieder einige lohnenswerte neue Touren gibt. Es gibt zwar auch einige Klettergärten in der Gegend, doch wir sind wie immer hier um einige der bis zu 14SL langen Mehrseillängen Routen zu klettern.
Am ersten Tag regnet es fast ununterbrochen. Dazu weht ein heftiger Bora Wind, der uns die ganze erste Woche begleiten wird. Wir treffen uns daher am ersten Tag erst mal bei den Nixtuern auf dem Zeltplatz und tauschen die neuesten Informationen aus. Auch Paolo und Sara sind mit im Camper zu besuch. Paolo und Sara sind wohl die Haupt Erschließer des ganzen Gebietes. Sie haben die meisten Mehrseillängen Routen in den letzten Jahren im Biokovo eingerichtet.
Am ersten Klettertag fahren wir gleich die Schotterstraße mit den Nixtuern zum Mali Borovac hoch. Die Nixtuer haben hier zwei Neutouren eingebohrt, die sich im linken Bereich der Wand befinden. Nachdem wir eine Einweisung von den Nixtuern bekommen haben, gehen wir fast waagrecht von der Passstraße in 10min zum Einstieg. Die Nixtuer wollen heute eine neue Tour noch weiter links in der Wand einbohren. Die erste Tour ist noch etwas Nass von Regen des Vortags. Ansonsten ist die Bura Peeling with Jungle Feeling eine nette Tour, die am Anfang und Wiedereinstieg zum Klettern im Biokovo gerade recht ist. Oben am Ausstieg treffen wir die Nixtuer wieder und sie führen uns zur Kiss or kill, die sich etwa 100m entfernt oberhalb des Ausstiegs befindet. Die Kiss or kill ist dann wirklich eine Klasse Tour. Die ersten Meter der 1.Seillänge sind etwas mühsam. Dann folgt eine leichte Seillänge über Schrofen. Doch danach gibt es hellen und sehr kompakten Kalkfels. Die letzten fünf Seillängen sind ein Traum. Wandkletterei vom Feinsten! Wir sind begeistert.
Noch immer tobt die Bora, und wir beschließen an die von Osten geschützte Wand Ilinac in Omis zu fahren. Durch Zufall erfahren wir, dass Frederic von der Segelyacht Eliot sich auch in der Gegend aufhält und klettern gehen will. Kurz entschlossen rufen wir ihn an und beschließen zum Eingewöhnen am Ilinac ein paar leichtere Touren gemeinsam zu klettern. Die ausgesuchten Touren haben je drei bzw. vier Seillängen, sind einfach und gut abgesichert und befinden sich am rechten, also südlichen Ende der Wand. Zum Einstieg folgt man einfach dem beschilderten Education Trail unter der Wand. Die Routen starten dann am Weg oder knapp darüber. Die Touren Novi Fusili, Eleganten Trippen und Siva Dijagonalka sind aus dem Jahr 2019 und wurden von Paolo eingerichtet. Die Wand des Ilinac ist sehr gut geschützt von der immer noch tobenden Bora. Toller Fels und gute Absicherung erwarten uns.
Heute wollen wir mal unser Kletterkönnen in der zentralen Wand des Ilinac testen. Wir steigen mit Fred als Dreierseilschaft in die von den Ungarn Oszkar Nadasdi und Eniko Szentirmai von unten erst begangene Route Rambo ein. Fred erzählen wir, dass dies nach dem Namen der Tour, der "Rambotest" wird :-). Ich sichere die beiden Nachsteiger mit einem Tube, der ideal für das Nachsichern in einer Dreierseilschaft geeignet ist. Die Kletterei ist fantastisch. Meist geht es über Platten und Verschneidungen nach oben. Die Seillängen sind immer 40-45m lang. Das Schmuckstück der Tour ist die 3. Seillänge, die über eine berauschende, senkrechte und recht griffige Platte (5c) führt. Vom Stand sieht die Platte eigentlich nicht kletterbar aus, doch beim Klettern eröffnen sich immer wieder Leisten, Löcher und Risse, die ein traumhaftes Klettern ermöglichen. Die Schlüsselstelle der Tour befindet sich dann in der 6. Seillänge. Kurz nach dem 5. Stand führt ein kurzer abdrängender Riss schräg nach rechts oben, der mit 6a bewertet ist, der Rest der Seilklänge ist leichter. Die Route ist mit einer Abseilpiste eingerichtet. Wir beschließen aber nicht abzuseilen, sondern eine 7. Seillänge auf das Hochplateau zu klettern und gehen denn erst durchs dornige Gebüsch und dann gemütlich auf dem Educational Trail zurück zum Auto.
Wieder mit Fred im Schlepptau wollen wir heute die beiden Touren Shangri La und Prije Zore klettern. Da wir einen langen Tag erwarten treffen wir uns schon sehr früh. Wir fahren zuerst mit dem Auto nach Bast und parken in der Nähe der Kapelle Sv. Rok. Von dort wandern wir 15min zum Einstieg der Shangri La. Über sechs Seillänge geht es jetzt gut gesichert über tolle Platten auf einen kleinen Gipfel. In der Tour ist es recht frisch, da die Sonne erst am späten Vormittag in die Wand kommt und immer noch eine starke Bora weht. Von dem runden Gipfel wandern wir weglos etwa 30min nach rechts, um zum Einstieg der Prije Zore zu gelangen. Die Route Prije Zore wurde 04.2021 von Paolo und Sara erstbegangen. Die ersten beiden Seillängen führen über begeisternde löchrige und vom Wasser zerfressene Platten. Dann geht es leider stellenweise über sehr viel Grünzeug weiter, das den Klettergenuss etwas trübt. Die Tour wäre geputzt sicherlich insgesamt wunderschön. Am Ausstieg liegen in Summe 15 Seillängen hinter uns. Die Route Prije Zore ist auch als Abseilpiste eingerichtet, doch wir entschließen zu Fuß abzusteigen - was im nachhinein betrachtet wohl nicht weniger anstrengend war als abzuseilen. Der Abstieg führt uns meist weglos zum Auto zurück.
In der zentralen Wand des Mali Borovac gibt es mehrere lange und schwere Touren. Die Route Tommy wurde von Paolo eingebohrt und führt mit acht lange Seillängen durch den zentralen Teil der Wand. Wieder können wir mit den Nixtuern auf der Ladefläche nach oben fahren. Sie wollen uns ein Stück auf der Tour begleiten. Am Anfang geht es über Platten und Risse zu einem Quergang nach rechts, an deren Ende sich ein ausgesetzter Stand befindet. Jetzt kommt die Schlüsselseillänge: eine senkrechte Wand in herrlich hellem Kalk. Doch auch die restlichen Seillängen der Route sind auch nicht leicht und immer mit 6a bewertet. Die Tour endet nach acht Seillängen etwas über der Wandmitte, dort, wo sich die Wand etwas zurücklegt. Die Stände sind als Abseilpiste eingerichtet. Wir wollen aber weiter nach oben, queren in die Route Born to Live und klettern die letzten 5 Seillängen auf der Born to Live vom Gipfel. Diese Route wurde von Rüdiger und Peter erstbegangen. Die vorletzte Seillänge führt kühn über eine leicht überhängende Verschneidung. Obwohl ich eigentlich ganz gut in Form bin, muss ich mehrfach ansetzen, um hier durchzuklettern. Und wieder, wie vor zwei Jahren in der Liquid Sunshine, bewundere ich die Kletterkunst und den Mut der beiden Steirer Buam.
Die letzten Tage haben die Nixtuer eine neue Kreation am rechten Rand des Mali Borovac gestartet, die wir uns heute mal ansehen dürfen. Zusammen mit den Nixtuern klettern wir den Zubringer, die Tour Shuttle, sechs Seillängen nach oben. Hier trennen wir uns. Während wir vom Ausstieg des Shuttle zum Einstieg der Terra Flora schräg links absteigen, steigen die Nixtuer höher hinauf, um weiter oben schräg nach links in ihre Tour reinzuqueren – noch müssen etwa vier Seillängen der Terra Flora einbohren. In der ersten Seillänge geht es schräg links in angenehmer Kletterei nach oben. Dann wird das Gelände weniger steil und die Tour schlängelt sich mit Stellen im 5. Grad nach oben. Ziel ist eine schon von unten sichtbare Platte, die wir dann auch bald erreichen. Am Ende der Platte geht es von einem Stand ums Eck. Auf den ersten Blick sieht der Weiterweg gar nicht kletterbar aus, doch auf den zweiten Blick entdecke ich einige Leisten für die Füße und schleiche langsam um das Eck in die schattige Wand nach links. Dann wird es leider schon sehr Flora. Alte Bäume, Gras und kleine Büsche säumen die steile Wand. Alle Achtung, wie sich Rüdiger da raufgewühlt hat in der Erstbegehung (diese Stellen wurden inzwischen von den Nixtuern gereinigt!!). Am Ende der 10 Seillänge sehen und hören wir die Nixtuer, wie sie die letzte Seillänge einbohren. Beim Klettern der letzten Seillänge habe ich fast das Gefühl, die Bohrhaken sind noch warm, so frisch wurden sie vor unserm Erreichen gesetzt. Vielen Dank an die Nixtuer für das Einrichten und Putzen der Route Terra Flora. Am Ende des Tages sind es mit dem Shuttle 18 Seillängen, die wir auf den Spuren der Nixtuer klettern durften. Das anschließende Bier im Cafe beim Konzum ging selbstverständlich auf unsere Kosten.
Ihre Erstbegehung haben die Nixtuer auf ihrer homepage eindrücklich dokumentiert.
Die letzten beiden Tage haben wir mit Fred oberhalb von Brela am Vrisove Glavice verbracht. Diese langgestreckte, 150m hohe Wand bietet viele Touren im mittleren Schwierigkeitsgrad. Dazu gibt es einen gut gebohrten Klettergarten. Auch hier waren Paolo und Sara und die Ungarn tätig und haben einige tolle Touren eingerichtet. Bei den von uns gekletterten Touren: Mirte Sel Vaggio, Austrijanac mit Gardino Botanico und der Bez Sunca se ne Moze, geht es vier Seillängen anstrengend über steile Platten nach oben. Tolle und abwechslungsreiche Kletterei in bestem Fels. Alle Touren sind mit einer Abseilpiste eingerichtet – und die Aussicht aufs Meer ist wie in allen Touren im Biokovo fantastisch.
Zum Zustieg fährt man eine Schotterstraße beim Feuerwehrhaus von Brela steil nach oben. Der kleine Parkplatz befindet sich unterhalb von einigen Wasserzisternen. Von hier wandert man in etwa 15min nach oben zur Wand. Der Pfad ist mit Steinmännchen markiert. Eine gute Orientierung um seine auserwählte Tour zu finden, bietet der Klettergarten mit seinen geneigten Platte etwa in Wandmitte.